Ich hatte ein Déjá vu mit dem 5-DM-Schein und hab es nicht bemerkt. Die Ausstellung zu Dürer, Cranach und Holbein ist umwerfend. Und dann kam da plötzlich das Bild einer Frau, die ich sicher war, irgendwie zu kennen. Aber – sie hat vor 500 Jahren gelebt, also mit wem verwechsele ich sie? Ein Blick auf die begleitende Erkärung lüftete das Rätsel. Ihr Bildnis zierte jahrelang den alten 5-DM-Schein. Aber, neben diesem Dürer – Gemälde gab es noch viel mehr zu entdecken.
Die Hypo-Kunsthalle in München bietet eine ungemein interessante Ausstellung mit Stücken von Holbein, Cranach und Dürer, um nur die berühmtesten zu nennen.
Wunderbar angeordnet in den einzelnen Räume kann man sich von ihnen in den Bann ziehen lassen.
Jedes Bild wurde mit einem kleinen Erklärungstext versehen, wer mehr wissen möchte, der kann sich die längeren Beschreibungen und Erklärungen, die in jedem Raum hängen durchlesen. Der Betrachter wird aufgeklärt über die Entwicklung der Malerei, die sich zu diesem Zeitpunkt dramatisch veränderte. Nicht mehr nur kirchliche Motive werden gewählt, der „Trend“ geht hin zum Portrait, um seiner selbst willen. Ein Realismus entstand, der dem Maler erlaubte, auch Unzulänglichkeiten wie schiefe Gesichter, Hängelippen und schielende Augen genau zu erfassen. Diese Genauigkeit setzt sich fort im Darstellen der Hände, Kleidung, Schmuck etc. Man läßt sich malen mit den „Insignien seiner Macht“. Kostbaren Schmuck, reichverzierte Kleidung sind abgebildet wie auf Fotos.
Jan van Eyck hatte die Begabung, seine Farben und Untergründe so zu wählen, dass der Betrachter sich direkt neben der gemalten Person glaubt. Die gemalte Haut, Stoffe, Natur – alles sieht unfassbar echt aus und hat ungemeine Tiefenwirkung. Albrecht Dürer erfährt diesen Malstil auf einer Italienreise und erstellt nach seiner Rückkehr das Portrait seines Vaters, das all die Falten und Runzeln dieses eben schon älteren Mannes real erfasst.
Cranach geht im Trend des Portraits, als Auftragsarbeit aus privaten Kreisen, noch weiter. Nachdem die kirchlichen Aufträge eher zurückgehen, wende er sich einer Art Massenproduktion in kleinformatigen Portraits zu. Hier erzählt die Geschichte vom aufkeimenden Wunsch der Bevölkerung, ihre Herrschenden zu kennen. Die Portraits waren ein Weg dahin. Luther ist ihn konsequent gegangen. Durch Bilder, die sein Freund Cranach von ihm malt, kann er seinen Bekanntheitsgrad stark erhöhen.
Auch das Bildnis von Sybille von Kleve wird ausgestellt. Das Portrait ist wenig schmeichelnd. Und es gibt zudem einen Hinweis darauf, dass an der Überlieferung etwas dran sein könnte, Heinrich VIII wollte die Hochzeit mit ihrer Schwester Anne von Kleve aufgrund deren mangelnder Schönheit am liebsten absagen.
Holbein gelingt es unter Heinrich VIII Hofmaler zu werden. Ein zu großer Realismus wäre hier unangebracht gewesen. Das Bild der Jane Seymour ist noch immer beeindruckend und von großer Leuchtkraft, erzählt aber nichts von dem wirklichen Menschen. Es bleibt eher zweidimensional.
Schon anders wirkt da der französische Gesandte am englischen Hof, der sich in all seiner Pracht malen ließ, Sieur de Morette. Allein durch die schiere Größe des Gemäldes nimmt das Bild einen prominenten Platz in der Ausstellung ein. Aber auch hier wurde wieder so genau gearbeitet, dass man das Gefühl hat, der Gesandte könnte gleich aus dem Bild steigen.
Unerwartet in der Reihe der teilweise hochherrschaftlichen Portraits ein Beweis vom Wandel der Zeit, eines der wohl ersten „Steckbriefe“.
Man machte sich den Realismus der Kunst zu Nutze und ließ das Bild eines Kindsmörders veröffentlichen, zusammen mit einer Beschreibung seiner Taten.
Die Ausstellung endet mit dem kleinen Bild eines Paares, dass im Handspiegel nur Totenköpfe sieht – ein Mahnmal an die Vergänglichkeit der Eitelkeiten.
„Dürer – Cranach – Holbein. Das deutsche Porträt um 1500“, HypoKunsthalle, Theatinerstr. 8, München
Läuft noch bis 15.Januar 2012
Öffnungszeiten
16. September 2011 – 15. Januar 2012
täglich 10 bis 20 Uhr
24. Dezember geschlossen
31. Dezember 10 bis 14 Uhr
Preise: 11 €,
Rentner: 10 €
Schüler, Studenten: 5 €
Familienkarte: 22 €
Montags je die Hälfte